Man wird ja auch nicht dümmer

Man wird ja auch nicht dümmer, denke ich. Aber vielleicht, denke ich dann, ist ja die Tatsache, dass ich denke, man wird ja auch nicht dümmer, ein Indiz für das Gegenteil.

Vom griechischen Philosophen Sokrates stammt der Ausspruch: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Und Sokrates galt und gilt als sehr kluger Mann, und alles, was er angeblich wusste war, dass er nichts wusste. Demnach gilt der Mensch als klug, der vieles nicht weiß, sofern er sich der Tatsache bewusst ist, dass er vieles nicht weiß.

Nun versuche ich seit geraumer Zeit, ganz bewusst, das Anhäufen von Wissen zu vermeiden, in der Hoffnung, dadurch klüger zu werden. Wenn ich einen Freund treffe, und er mir sagt, er müsse mir unbedingt etwas Interessantes mitteilen, dann halte ich mir schnell und mit aller Kraft die Ohren zu und rufe laut: Ruhe! Ich will nichts hören!

Aber ehrlich gesagt, je länger ich dieses Verhalten praktiziere, desto stärker erhärtet sich der Eindruck, dass ich dadurch nicht klüger geworden bin.

Aber vielleicht, sage ich mir dann, ist ja, analog zu einem klugen Menschen, der weiß, dass er nichts weiß, die Ahnung meinerseits, nicht klüger geworden zu sein, ein Anzeichen für Klugheit. Könnte doch sein, oder? Mein Bauch sagt mir allerdings etwas anderes. Mein Bauch sagt: Ich ahne, dass ich ahnungslos bin. Klingt nicht so schön wie: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber mehr ist bei mir leider nicht drin.